Thorsten Lange, Bovenden |
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Bei V838 Mon handelte es sich vor dem zu Jahresbeginn beobachteten Ausbruch um einen Hauptreihenstern der absoluten Helligkeit +4.5Mag und der Spektralklasse F oder K0.
Vor mehreren tausend Jahren muß dieser Stern bereits einmal über längere Zeit große Mengen an Materie ausgestoßen haben, die heute in einem Ring sichtbar ist. Diese Phase endete vor ungefähr 2500 Jahren. Auch anschließend blies der Stern Materie von sich, jedoch in deutlich geringeren Mengen als zuvor.
Anfang Januar kam es zu einem Helligkeitsausbruch mit einer Amplitude von 9 Größenklassen. Daraufhin wanderte der Stern durch das Hertzsprung-Russel-Diagramm von K0 nach M0, zurück nach K und wieder nach M. Die absolute Helligkeit betrug im Maximum -4.3Mag und machte den Stern zu einem kalten Überriesenstern. Insgesamt dauerte der Ausbruch etwa 3.5 Monate, der Abstieg bis zur Ausgangshelligkeit vollzog sich in etwa einem Monat.
Eine Klasse von relativ schnell durch das HR-Diagramm wandernden Sternen ist bereits bekannt: Ihr Prototyp, FG Sge [11], befindet sich inmitten eines Planetarischen Nebels, der etwa 6000 Jahre alt ist und einen scheinbaren Durchmesser von 36 Bogensekunden hat. Das enge Doppelstern zeigte einen Helium-Schalen-Flash und stieß die jetzt sichtbare Gashülle aus. Im vergangenen Jahrhundert wanderte der Stern mehrfach durch das HR-Diagramm, von B4 im Jahr 1954 in ein G-Überriesen-Stadium 1976 und sogar nach K2 im Jahr 1982. Die Helligkeit änderte sich von 13.6mag im Jahr 1896 auf 8.9mag in 1970, bevor der Stern nach 1982 relativ konstant bei 9.0 - 9.5mag blieb. Während eines massiven Helligkeitsabfalls im Jahr 1992 wurde der Stern wieder blauer und befindet sich auf dem Rückweg zu einem O-Stern. Nach kurzzeitigen Wiederanstiegen fiel die Helligkeit im Mai 2001 dramatisch auf 16mag, stieg bis Ende Mai 2002 wieder auf 13.0mag und fällt seitdem wieder.
Aufgrund verschiedener Ähnlichkeiten hielt man V838 Mon im Laufe des März für einen neuen Stern des Typs FG Sge. Der große Unterschied besteht aber in der Spektralklasse, die bei FG Sge-Sternen einen ursprünglich blauen und heißen Riesen beschreibt, im Falle von V838 Mon aber einen Hauptreihenstern. Lediglich phasenweise sind Spektrum und Helligkeit ähnlich. Schließlich liegt auch die Amplitude des Ausbruchs von V838 Mon deutlich über den Helligkeitsanstiegen der bekannten FG Sge-Sterne (siehe Tabelle 1).
Nach [5] gibt es weiterhin eine Reihe von Argumenten, die gegen das Szenario einer klassischen Nova sprechen: das kühle Spektrum, die relativ geringen Windgeschwindigkeiten und der geringe Ionisationsgrad.
Bisher wurden lediglich zwei Sterne beobachtet, deren Ausbrüche sehr ähnlich abliefen und zu einem M-Riesen führten: Eine Eruption in unserer Nachbargalaxie M31 (Rich et al. 1989) sowie V4334 Sgr (``Sakurai Objekt'', [14] und [15]). Eventuell gehört auch V605 Aql zu dieser Gruppe. Er zeigte im Jahr 1919 einen ähnlichen Ausbruch, ist aber weniger gut verfolgt.
Ende des Jahres 1994 zeigte V4334 Sgr einen Helium-Flash, der den Stern zu einem Roten Riesen machte und sich durch einen unterdurchschnittlichen Anteil an Wasserstoff (9.7%) sowie durch einen überdurchschnittlichen Anteil von Kohlenstoff (9.8%) auszeichnete. Nachdem der Stern ursprünglich eine Helligkeit von 21mag aufwies, führte der Ausbruch bis Ende 1995 auf 11mag. Erst Mitte 1998 fiel die Helligkeit wieder ab. In der Umgebung von V4334 Sgr wurde ein Planetarischer Nebel mit einem Durchmesser von 45'' und einem Alter von 3400 bis 5600 Jahren entdeckt.
Verglichen mit V4334 Sgr zeigt V838 Mon deutliche Ähnlichkeiten: Amplitude und Geschwindigkeit des Ausbruchs kommen sich nahe, beide Sterne zeigten während des Ausbruchs ein rotes Spektrum.
Bei V838 Mon könnte es sich um den dritten oder vierten bekannten Stern einer neuen Klasse astronomischer Objekte handeln, und zugleich um den bisher hellsten und am genausten untersuchten dieser Sterne.
Ähnliche Sterne
Weitere Informationen und Bilder zu dem Stern in M31 und zu
V605 Aql hat Bela Hassforther unter
[17]
http://www.bela1996.de/astronomy/mon-v838.html
zusammengetragen.
Gravitationsenergie als Ursache des Ausbruchs?
Nur kurze Zeit vor Fertigstellung dieses Artikels wurde in [16] ein Modell vorgestellt, dass als Ursache für den Helligkeitsausbruch ein Akkretionsereignis mit freigesetzter Gravitationsenergie anstelle einer thermonuklearen Energiequelle beschrieb.
Nach dem Modell sollte es sich bei dem System V838 Mon um ein enges Doppelsternsystem aus zwei Hauptreihensternen handeln. Ihre Massen sollten demnach 1.5 sowie 0.1-0.5 Sonnenmassen betragen. Infolge ihres geringen Abstandes hatte im Laufe ihrer Entwicklung der massereichere Stern irgendwann sein Roche-Volumen gefüllt, und die äußeren Sternschichten begannen, auf den kleineren Stern überzufließen. Dieses Ereignis verursachte den ersten Helligkeitsausbruch. Nach einiger Zeit vereinigten sich die Hüllen beider Sterne, sichtbar als zweiter Helligkeitsanstieg Anfang Februar. Bis zur Wiedererlangung eines Gleichgewichtszustandes des Systems schwankte die Helligkeit und könnte dabei den dritten und kleinsten ''Ausbruch'' verursacht haben.
Typenbestimmung des Begleitsterns
In IAUC 8005 [18] berichteten Munari, Desidera und Henden von der Bestimmung der Spektralklasse des heißen Begleitsterns: Es scheint sich um einen normalen B3-Stern zu handeln. Der Zentralstern soll vor dem Ausbruch ein M-Riese mit mindestens 7 Sonnenmassen gewesen sein.
Die Rötung des Spektrums durch interstellaren Staub führt auf eine Entfernung von 10500 pc und eine Höhe von 200 pc über der gelaktischen Ebene. Dabei ist der B3-Stern nur 1mag (im Blauen) dunkler als das Gesamtlicht von V838 Mon im Ruhezustand. Dieser Zustand muss vom Zentralstern und einer warmen Scheibe zirkumstellaren Materials bestimmt gewesen sein.
Im September und Oktober lag V838 Mon bei der Spektralklasse "später als M10", es muss also ein dramatischer Temperaturabfall stattgefunden haben.
Eine weitere Theorie sieht die drei Ausbrüche des Sterns in der Phase nach dem ersten Maximum als Ereignisse, bei denen sich der expandierende rote Stern jeweils einen Planeten der Größe Jupiters einverleibt haben soll.
Nach einem Artikel von Loom/Evans/Rushton/Smalley [21] beträgt die Entfernung zu V838 Mon mehr als 5.5 kpc. Die dynamischen Zeitskalen der ausgestoßenen Schichten, die rämliche Lage des Sterns in der Milchstraßenebene und die abgeleitete Leuchtkraft lassen eine Beschreibung als masse-armen AGB-Stern zu (Asymptotic Giant Branch). Das Ereignis des Jahres 2002 soll den Stern in die Nach-AGB-Phase geführt haben. Problematisch erscheint dabei jedoch die Existenz eines jungen und masse-reichen B3-Begleiters.
Die Autoren beschreiben aufgrund von Modellierungen insgesamt drei Schichten: eine CO-Schale, die vor mindestens 5 Millionen Jahren ausgestoßen wurde, ein äußerer Ring mit einem Alter von etwa 1.4 Millionen Jahren und ein innerer Ring mit einem Alter von 110 000 Jahren.
Ein Stern durchquert das interstellare Medium
In ihrem Artikel kommen Tylenda/Soker/Szczerba [22] zu einem völlig anderen Ergebnis. Sie werteten aller verfügbaren Beobachtungen inklusive der Daten über benachbarte interstellare Materie aus. Die ansonsten als ausgestoßene Schalen interpretierten Materiestrukturen sollen demnach in Wirklichkeit interstellare Wolken sein. Die Analyse schließt eine Interpretation des Vorgängersterns als AGB-Stern aus und deutet vielmehr auf einen Hauptreihenstern von fünf bis zehn Sonnenmassen hin.
Tylenda/Soker/Szczerba verwerfen die Schlußfolgerungen aus Loom/Evans/Rushton/Smalley bezüglich des Schichtenmodels als ungenügend und statistisch irrelevant. Die Folgerung auf einen AGB-Stern wäre wegen zu starker Unterschiede zu den bekannten AGB-Sternen falsch.
Das Doppelsternsystem soll bei der Durchquerung des intergalaktischen Mediums einen stark asymmetrischen Hohlraum erzeugt haben, der sich dann u.a. im verzögerten Beginn des Lichtechos gezeigt hat (es trat erst mehr als einen Monat nach dem Helligkeitsausbruch auf).
Nach allen Beobachtungen ist der B3-Begleiter vom Ausbruch nicht beeinträchtigt worden. Das läßst auf einen weiten Abstand im Doppelsternsystem schließen: ein Bahnradius von mehr als 3000 Sonnenradien und eine Umlaufzeit von mehr als zwölf Jahren.
Der wissenschaftliche Streit über die Natur des Systems V838 Mon geht weiter und bleibt spannend.
Ein junger offener Sternhaufen
Von Hans-Günter Diederich, 17. August 2006
Schon länger bekannt ist, dass V838_Mon einen engen Begleiter vom Spektraltyp B3 V hat. In ihrer Arbeit (a4332) "A Young Open Cluster Surrounding V838 Monocerotis, Bond and Afsar (2006)" berichten die Autoren von der Entdeckung von drei weiteren B-Sternen in der unmittelbaren Umgebung von V838 Mon und in gleicher Entfernung. Was wir dort in unseren Aufnahmen sehen, ist also ein spärliches Sternencluster, eben das "V838-Mon-Cluster". Das war Anregung genug, eine Aufnahme vom 16.11.2003 zu nehmen (entstanden zum (gelungenen) Nachweis des Lichtechos) und die Sterne dieses Clusters zu markieren.
Bei den meisten Sternen der Aufnahme handelt es sich um Vordergrundsterne. Aber eben nicht alle. Der schwächste der Clustersterne weist eine Helligkeit von V ~16 mag auf. Die beiden anderen bewegen sich im Bereich von 14 bis 15 mag. Der größte Abstand (in Projektion) zu V838 beträgt 45" (1,3 pc). Die Entfernung des Clusters wurde zu ~6 kpc bestimmt.
Nach Korrektur der Extinktion ergeben sich folgende Helligkeiten:
Stern Spektaltyp, L.klasse V/mag Vo/mag Mv/mag 7 B6 V 16.02 13.42 -0.9 8 B4 V 15.00 12.40 -1.4 9 B3 V 14.79 12.19 -1.6
Mit diesen Spektraltypen ist auch klar, dass es sich um ein junges Sterncluster handelt. Die Autoren bestimmen als obere Grenze für das Alter den Wert 25 Mio Jahre. Damit scheidet dann das Szenario aus, es könne sich bei V838_Mon um einen kataklysmischen Veränderlichen handeln.
Aber es geht noch weiter. Ebenfalls mehrfach in der Vergangenheit erwähnt wurde die Ähnlichkeit des Ausbruchs von V838_Mon mit dem von M31 RV. Dieser Veränderliche in M31 hat in seiner Umgebung aber keinerlei helle "frühe" Hauptreihensterne. Solche gibt es dort im Bulde der Andromeda-Galaxie einfach nicht. Der Ausbruchmechanismus beider Sterne kann also weder etwas mit einem Weißen Zwerg (CV-System) noch mit einem Status als B-Stern zu tun haben. Wenn also die Ausbrüche beider Sterne auf demselben Mechanismus beruhen, dann muss dieser gleichermaßen und unspezifisch bei sehr jungen und bei sehr alten Sternen stattfinden können. Das spräche dann für das mehrfach vorgeschlagene Szenario einer Kollision und Verschmelzung von zwei massenarmen Sternen.
Aber zunächst bleibt das immer noch rätselhaft. Oder wie die Autoren schreiben "... remains one of the leading unsolved problems in stellar astrophysics."